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Gruppenausstellung
Galerie am Markt in Neubeuern

Künstlerkreis Neubeuern
10.Juni bis 19.Juni 2005
Vernissage am Freitag den 10. Juni 2005

Laudatio von Thomas Stockerl

Kunst kommt von Können - darüber sind wir uns sicherlich alle einig. Wir Künstler können offenbar etwas, was uns auszeichnet, uns heraushebt.

Auch in dieser Ausstellung fällt es uns leicht vor vielen Bildern voller Bewunderung zu sagen: "Dieser Künstler kann etwas". Eben so sicher sind wir uns, wenn wir sehen dass dieses Können fehlt - dann steht fest: "Dies ist sicherlich keine Kunst".
Kunst kommt also von Können. Eine ganz interessante Variante dieses berühmten Satzes finden wir bei Karl Valentin: "Wenn du es kannst ist es keine Kunst. - Wenn du es nicht kannst, erst recht nicht!"
Also gehen Sie doch bitte durch diese Ausstellung: Wenn sie von der Könnerschaft eines Künstlers überzeugt sind dann kann er´s schon und das ist ja keine Kunst. Wenn Sie eines sagen wir mal meiner abstrakten Spritzbilder sehen, können sie sicher sein, dass das jedes Kind kann und nach Valentin ist dies ganz sicher auch keine Kunst. Wo hält sie sich aber nun versteckt die Kunst?

Hierzu könnte man eine Weitere, in künstlerischen Fragen nicht ganz unerfahrene, Persönlichkeit bemühen, Pablo Picasso sagte auf die Frage, "Was denn Kunst denn sei": "Sie erwarten von mir, daß ich Ihnen sage, daß ich Ihnen definiere: Was ist Kunst? Wenn ich es wüßte, würde ich es für mich behalten" (1926).
Das war leider wieder wenig hilfreich: So verweigern sich Künstler natürlich gerne einer näheren Festlegung.
Zurück zu Karl Valentin: Letztlich möchte er uns ja nur sagen, daß die Frage nach der Kunst allein mit dem Begriff des handwerklichen Könnens nicht zu klären ist. Da steht er dem Denken neuzeitlicher Künstler natürlich sehr nahe. Von Joseph Beuys dem oft belächelten Fettkünstler gibt es eine Anekdote aus der Zeit, als er eine Professur für Bildhauerei an der Kunstakademie in Düsseldorf innehatte:
Eine seiner Schülerinnen hatte wochenlang an einem menschlichen Porträt aus Ton modelliert und präsentierte dem Professor Beuys zur Besprechung ihre Arbeit. Dieser betrachtete Sie kurz. Dann schlug er mit seiner Faust in den noch frischen Ton der Skulptur und sagte lapidar: "Jetzt isse gut".
In ihrer Direktheit, Brutalität eine Korrektur, die an die Absurdität und Unlösbarkeit eines buddistischen Korans erinnert. Die Schüler der Zen-Meister erhielten scheinbar unlösbare Aufgaben von ihren Meistern, um sich von Ehrgeiz und Überheblichkeit auf ihrer Suche nach Erkenntnis zu befreien.
Beuys erkannte das Können der Schülerin, den narzistischen Ehrgeiz etwas Schönes, Vollendetes, Bewundernswertes zu schaffen, ihren Wunsch nach Erfolg und er zerschlug diesen Traum. Kunst ist tatsächlich in diesem Sinne nicht planbar.

Was ist Kunst? Etwa die von Beuys zerstörte, ehemals schöne, Skulptur der Schülerin? Lassen wir doch den großen Maler Max Beckmann zu Worte kommen "Kunst dient der Erkenntnis, nicht der Unterhaltung, der Verklärung oder dem Spiel" (1938).
Und der Philosoph Immanuel Kant ergänzt in diesem Sinne: "Es gibt eine anschauliche Erkenntnis, die nicht auf den Begriff zu bringen ist. Das ganze 19 Jh. ist geprägt von dieser Erwartung an Kunst, die auch heute noch eine gewisse Gültigkeit besitzt: Kunst als Ersatz für Philosophie und Religion, als Suche nach Erkenntnis, nach Weisheit. Eine Suche nach den letzten Fragen, die uns Menschen berühren - für die wir keine Antwort haben. Kunst als Lebensbewältigung. Natürlich streng nach Kant "ohne Worte" Läßt sich damit der impulsive Zerstörungsschlag von Beuys verstehen? Ich glaube nicht. Die Frage lässt sich weiterführen - aber immer wenn es am spannensten wird und alle hoffen jetzt wird's endlich erklärt, sollte man vielleicht langsam zum Ende kommen.

Einige Hintergründe:
Joseph Goeppels prägte übrigens den berühmten Satz: "Kunst kommt von Können" und auch der damit verbundene Kalauer "...käme Sie von Wollen würde Sie Wunst heißen" hat zumindestens im Nazionalsozialismus für klare Vorstellungen von Kunst gesorgt. Heinrich Hägell hat diesen Spaß mit der Sprache weitergeführt und macht daraus: "Konst kommt von Können wie die Gonst von Gönnen und wie der Mann von der Maus und der Apfel vom Strauß und der Fall vor der Mauer Lesen macht schlauer". Und Herbert Achternbusch, seines Zeichens Filmemacher und Maler mit einem Faible fürs Absurde bekommt das Schusswort: "Kunst kommt nicht, wie der Kulturminister meint, von Können, sondern von Kontern. Aber es kann auch von Kunsthonig kommen".

Ich wünsche ihnen jetzt viele bildhafte Erkenntnisse (im Sinne von Kant)- versuchen sie sie bitte nicht auf den Begriff zu bringen. Wenn sie, wie Beuys etwas kaputtschlagen wollen, - dann bezahlen sie das Bild bitte vorher oder machen noch besser erst Zuhause etwas kaputt.

Stand: 25. Juni 2005 | Kontakt